Bericht von dem Freiwilligen Lasse Höhle über den Weltumwelttag am 5. Juni 2024
Plakate werden geschwenkt und Parolen gerufen, zwischen schmutzig-grauen Fassaden und wenig Grün. „Für die Natur und gegen die Verunreinigung!“ „Schmeißt keinen Müll in die Natur!“ Die Motoren der klapprigen Combis [Mikrobusse] rattern und knattern ungeduldig während die Prozession vorbeizieht. Fast 300 Teilnehmer reihen sich ein in den Protest – und die meisten von ihnen sind Kinder.
Am 5. Juni 2024 um 12:00 Uhr zelebrierte die Schule den Día del Medio Ambiente [Weltumwelttag] mit einem Demonstrationszug durch die Nachbarschaft. Angeführt von den Kleinsten an den Händen der Eltern zogen wir einmal um den Block. Für eine Stunde gehörten die Straßen und die Markthalle den Kindern und dem Umweltschutz. Ich war begeistert.
Ab 13:00 Uhr kam der Alltag zurück. Und mit ihm diese erdrückende Masse an Autos; Plastikbesteck, Plastikbecher, Plastikteller zu jeder Veranstaltung; Müll der gewohnheitsmäßig am Straßenrand abgeladen wird oder ganze Abhänge bedeckt; Plastikdeko, Plastikballons, Plastikspielzeuge, Plastiktüten in unglaublichen Mengen. Als junger politisch interessierter Europäer bekam ich in den ersten Wochen den Mund vor Staunen nicht mehr zu. Wie viel Privileg selbst in einer Sensibilität für klimabewusstes Handeln steckt, war mir vorher nicht in vollem Maße bewusst.
Mittlerweile wird mir klar, dass mir das Prinzip gar nicht so neu ist: Möglichst viele Dinge zu konsumieren, die man eigentlich nicht braucht, ist hier genauso wie in Europa oft der erschwinglichste Weg seiner Klasse zu entkommen – oder zumindest die Illusion eines Klassenaufstiegs zu stützen. Das Bekannte im Fremden kann ebenso sehr beunruhigen wie das Fremden im Bekannten, denke ich, schließe also meinen Mund wieder und bereue es sofort des bitteren Beigeschmacks wegen. Weiterhin verbleibe ich stockend in meinen Fragen: Wie lässt sich meine Perspektive in einem peruanischen Armenviertel einordnen? Und wo hört Anpassung und Fremdheit auf, politisch nachlässige Alltagsentscheidungen zu rechtfertigen, anstatt verantwortungsbewusst zu handeln?
► Übersicht über das Jahr 2024
